Ziehen und Schieben Auch mit Hilfsmitteln eine Herausforderung für den Körper
Unter Ziehen oder Schieben von Lasten versteht man das Fortbewegen einer mindestens 3 Kilogramm schweren Last durch menschliche Kraft mit Bewegung des eigenen Körpers und in der Regel mit einem Hilfsmittel (zum Beispiel Container, Wagen ).
Wer ist betroffen?
Betroffen sind beispielsweise Beschäftigte im Handel, im Transportdienst, in Logistik- und Postverteilzentren, in Altenheimen, im Krankenhaus und bei der Müllabfuhr.
Wann spricht man von einer Gefährdung?
Die Höhe der körperlichen Belastung wird durch folgende Faktoren bestimmt:
- das Gewicht der Last,
- die Art des Flurförderzeugs bzw. Hilfsmittels (Lenkbarkeit),
- die Art der Bewegung (Rollen oder Gleiten, Ziehen oder Schieben),
- die Rolleigenschaften des Flurförderzeugs bzw. Hilfsmittels,
- die Bewegungsgeschwindigkeit,
- die erforderliche Positioniergenauigkeit,
- die Körperhaltung,
- die Umgebungsbedingungen (Untergrund, Neigung),
- die Häufigkeit des Ziehens bzw. Schiebens pro Schicht sowie
- den zurückgelegten Weg bei Ziehen bzw. Schieben.
Wegen der Vielzahl der relevanten Faktoren wird die Gefährdung mit der Leitmerkmalmethode "Ziehen und Schieben" bewertet, die alle diese Faktoren berücksichtigt. Es liegt immer dann eine wesentlich erhöhte oder hohe körperliche Belastung vor, wenn nach der Leitmerkmalmethode der Risikobereich 3 oder 4 erreicht wird. Im Einzelfall, z. B. bei Menschen mit Vorerkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, kann schon dann eine Gefährdung vorliegen, wenn der Risikobereich 2 erreicht ist.
Welche Beschwerden können auftreten?
Bei hoher Belastung kann das Ziehen und Schieben von Lasten die direkt betroffene Muskulatur überbeanspruchen, aber auch die passiven Strukturen des Bewegungsapparats (Knochen, Gelenkknorpel, Bandscheiben, Sehnen, Bänder) überlasten. Ziehen und Schieben kann außerdem das Herz-Kreislauf-System und die Atmung belasten und zu einer allgemeinen körperlichen Ermüdung führen. Auf Dauer können durch das Ziehen und Schieben von Lasten schmerzhafte funktionelle Einschränkungen des gesamten Bewegungsapparats verursacht werden. Besonders leiden die Lendenregion, der obere Rücken, die Arme und Schultern sowie die Hüft- und Kniegelenke.
Handlungsempfehlungen
- Stellen Sie sicher, dass die Gefährdungsbeurteilung von einer fachkundigen Person durchgeführt wird.
- Erfassen Sie bei der Gefährdungsbeurteilung das Gewicht der Last, die Art des Flurförderzeugs beziehungsweise Hilfsmittels und die Art der Bewegung (rollend oder gleitend), die Bewegungsgeschwindigkeit, die erforderliche Positioniergenauigkeit, die Körperhaltung, die Umgebungsbedingungen (Untergrund, Neigung), die Häufigkeit und den zurückgelegten Weg. Nutzen Sie für die Gefährdungsbeurteilung die Leitmerkmalmethode „Ziehen und Schieben“.
- Prüfen Sie, ob die eingesetzten Flurförderzeuge oder Hilfsmittel optimiert werden können.
- Binden Sie bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Tätigkeit Ihre Sicherheitsfachkraft und Ihre Betriebsärztin oder Ihren Betriebsarzt ein.
- Stellen Sie geeignete Flurförderzeuge bzw. Hilfsmittel zur Verfügung und unterweisen Sie Ihre Beschäftigten regelmäßig, wie die Hilfsmittel richtig angewendet werden.
- Teilen Sie die Lasten in möglichst gut handhabbare Größen und Gewichte ein.
- Vermeiden Sie nach Möglichkeit das Ziehen von Lasten. Es ist eine höhere Belastung als beim Schieben.
- Gestalten Sie die Tätigkeit so, dass beim Ziehen oder Schieben keine Körperdrehung erforderlich ist.
- Achten Sie darauf, dass die Arbeitsplätze ausreichend beleuchtend sind. Dies hilft, Unfälle zu vermeiden.
- Planen Sie einen regelmäßigen Wechsel der Tätigkeiten ein, um einseitige Belastungen zu vermeiden.
- Ermöglichen Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die viel ziehen oder schieben müssen, ausreichende Pausen.
- Gehen Sie als Führungskraft mit gutem Beispiel voran!
- Arbeitsmedizinische Vorsorge: Liegt eine wesentlich erhöhte Gefährdung vor, müssen Sie Ihren Beschäftigten die arbeitsmedizinische Vorsorge schriftlich und persönlich anbieten (Angebotsvorsorge). Eine wesentlich erhöhte Gefährdung liegt vor, wenn die Leitmerkmalmethode den Risikobereich 3 oder 4 ergibt.
- Nutzen Sie die vorhandenen Hilfsmittel und Präventionsangebote Ihres Betriebs.
- Handeln Sie so, wie Sie es in den Unterweisungen und Einweisungen gelernt haben.
- Ziehen und Schieben Sie mit geradem Rücken ohne Verdrehung.
- Holen Sie sich bei Bedarf Unterstützung.
- Halten Sie die Pausen ein.
- Versuchen Sie, die Tätigkeiten abwechslungsreich zu gestalten.
- Nutzen Sie die vorhandenen Präventionsangebote Ihres Betriebs.
- Nehmen Sie die arbeitsmedizinische Vorsorge wahr.
- Trainieren Sie Ihre Rumpfmuskulatur.
- Leitmerkmalmethode zur Beurteilung und Gestaltung von Belastungen beim manuellen Ziehen und Schieben von Lasten
- DGUV-Information 208-033 "Muskel-Skelett-Belastungen – erkennen und beurteilen“
- Basis-Check und Einstiegsscreening der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
- Handbuch zur Gefährdungsbeurteilung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
- Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV): Die Verordnung schreibt vor, dass Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen den Beschäftigten bei wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen durch Ziehen und Schieben von Lasten die mit Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System verbunden sind, arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten müssen (Angebotsvorsorge).
- Arbeitsmedizinische Regel (AMR) 13.2: Sie konkretisiert, wann Ziehen und Schieben von Lasten eine wesentlich erhöhte körperliche Belastung darstellt und eine arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten ist (Angebotsvorsorge).